Wozu Schulen eigentlich da sein sollten

Ich habe oft das Gefühl, dass die Rolle der Schulbildung in unserer Gesellschaft völlig missverstanden wird. Zumindest scheine ich darüber eine völlig andere Meinung zu haben, als die meisten Menschen, die auf die Gestalt der schulischen Bildung Einfluss haben. Wie dem auch sei, habe ich heute das Bedürfnis, ein paar random thoughts zu diesem Thema loszuwerden. So kann ich vielleicht das Chaos in meinem Kopf etwas strukturieren und irgendjemand findet vielleicht irgendwas zum Nachdenken anregendes in meinem Beitrag.

Vielleicht dank meiner Mutter, die Pädagogik studierte und von Natur aus mit einer ungeheuren pädagogischen Intuition ausgestattet ist, fand ich das Thema Bildung schon immer spannend. Ohne je wirklich etwas darüber gelesen oder mich sonst tiefgründiger informiert zu haben, mache ich mir regelmäßig Gedanken darüber, was ich an unserer Gesellschaft schlecht finde und wie das damit zusammenhängt, wie unser Schulsystem funktioniert. Das Thema fasziniert mich – vielleicht auch, weil ich perverserweise generell von Herausforderungen fasziniert bin, die mir kaum lösbar erscheinen…

Der eigentliche Aufhänger für meinen heutigen Beitrag ist aber wesentlich banaler: bei einer Familien-Wanderung im schönen Wippertal gestern kam ich spontan auf den Gedanken, dass das Schulfach Ethik sich perfekt dazu eignet, mit den Schülern zu diskutieren. Auch mit Grundschülern. Ich selbst hatte dieses Fach nicht, weil ich im katholischen Polen aufwuchs – allerdings hatte ich dort ein Jahr lang, in der 7. Klasse, einen Religionslehrer, der meinem Ethik-Ideal vergleichsweise nahe kam. Jedenfalls musste ich mich von meiner Frau und meinem 8-jährigen Sohn aufklären lassen, dass der Ethik-Unterricht normalerweise keineswegs so funktioniert, wie ich es gut fände – weder in der Grundschule, noch später. Um die Worte meiner Frau zu zitieren: „Ethik sind 10 Jahre Frontalunterricht, und dann kann man es endlich abwählen.“

Dabei schreit Ethik geradezu danach, eben nicht als Frontalunterricht gelehrt zu werden, und das aus zweierlei Gründen. Erstens: viele Themen, die im Ethik-Unterricht vermittelt werden sollen, lernt man am besten, indem man sich kritisch mit ihnen auseinandersetzt. Natürlich kann man die Thesen von John Stuart Mill oder Jürgen Habermas (diese Namen blieben bei mir von den paar Ethik-Stunden hängen, die ich in der 10. Klasse mitgemacht habe, weil ich sonst meine Freistunde allein hätte verbringen müssen) einfach auswendig lernen. Nur wozu? Philosophie, aber auch fremde Religionen, sollte man sich nicht merken, sondern verstehen. Und zum Verstehen braucht man aktive Auseinandersetzung, Diskussion, den Austausch von Argumenten. So was funktioniert nicht im Rahmen des Frontalunterrichts.

Beim zweiten, meiner Meinung nach viel wichtigeren Grund, warum Frontalunterricht generell und insbesondere im Ethik-Unterricht fehl am Platz ist, muss ich etwas weiter ausholen – es geht hier nämlich darum, was man für die Existenzberechtigung öffentlicher Schulbildung hält. Für mich ist das Vermitteln von Wissen zweitrangig und vor allem instrumentell von Bedeutung – denn Wissen kann man sich auch bestens selbst aneignen, wenn man es nur will. Und wenn man es nicht will (bspw. weil es einem die Schule verdorben wurde), dann reduziert sich der Schul-Unterricht sowieso zu der in Polen sogenannten 3-Z-Regel: zakuć, zdać, zapomnieć (Einpauken, Bestehen, Vergessen). Und dann kann man es sich im Prinzip gleich sparen. Nein, in der Schule geht es nicht primär um das Erlangen von Wissen. Es geht darum, dass man Kompetenzen vermittelt bekommt, die man braucht, um ein gleichberechtigter, mündiger Bürger sein zu können.

Und da kommen wir zurück zum Ethik-Unterricht: eine wichtige Kompetenz als mündiger Bürger besteht darin, dass man in der Lage ist, selbstständig und kritisch zu denken sowie mit Anderen friedlich Argumente austauschen – und zwar nicht, um sie von der Wahrheit, die man selbst kennt, zu überzeugen, sondern um seinen eigenen Standpunkt zu testen und ggf. zu modifizieren. Es ist übrigens paradox, dass diese essentiellen Teilaspekte der Theorien von Kant (Aufklärung als Erlangung von Mündigkeit), Mill (ständige Skepsis seinem eigenen Standpunkt gegenüber) und Habermas (ideale Sprechsituation, kommunikative Rationalität) in der Schule „gelehrt“ werden, ohne dass sie jemand anwenden würde.

Natürlich gilt das vorhergesagte nicht nur für den Ethik-Unterricht, obwohl ich behaupten würde, dass sich dieses Fach besonders gut eignet, um deliberative Demokratie zu erlernen. In verschiedenem Maße gilt dies für nahezu alle Fächer, wohl entlang eines stilisierten Kontinuums Sozialwissenschaft–Geisteswissenschaft–Naturwissenschaft. In Chemie mag Frontalunterricht weniger Schaden anrichten als in Geschichte. Doch er richtet überall Schaden an.

Hier stoßen wir übrigens auf ein weiteres Problem des heutigen Schulsystems: die strikte Einteilung in Fächer, die in vielen Fällen das Lernen unnötig erschwert. Denn die meisten Schulfächer sind eigentlich nicht voneinander isoliert. Klar, Physik und Deutsch haben wenig Verbindungen zueinander. Aber Deutsch und Geschichte haben sie durchaus. Oder Physik und Mathematik. Doch leider ist das Lehrprogramm in den einzelnen Fächern meistens überhaupt nicht aufeinander abgestimmt – und so lernt man in Deutsch gerade über Goethe, in Geschichte aber übers Römische Reich, während in Ethik Habermas behandelt wird. Statt Synergien zu nutzen und bspw. eine bestimmte historische Zeit aus verschiedenen Winkeln (Literatur, Philosophie, Religion, gesellschaftliche Entwicklung) zu betrachten, macht jedes Fach sein Ding und die Schüler müssen a) viele Sachen mehrmals lernen, b) all dies zusammenhangsfrei lernen. Beides der langfristigen Erlangung von Wissen nicht gerade zuträglich.

Aber zurück zur Schule als dem Ort, an dem man zivilgesellschaftliche bzw. Büger-Kompetenzen erlernt. Dass Frontalunterricht da schädlich ist (aber, leider, in der Regel einfacher zu gestalten, weil nicht reflexiv – da die Klasse passiv zu sein hat, muss man sich ihr nicht anpassen, sondern kann Jahr für Jahr das Gleiche vortragen), weil junge Menschen nicht lernen, wie man sich eine Meinung kritisch bildet, ist ein großes, aber nicht das einzige Problem. Das nächste ist die Zweiteilung der Schüler in die „Guten“ (Gymnasium) und die „weniger Guten“ (sonstige Sekundarschulen). Natürlich ist diese Zweiklassengesellschaft nicht explizit – es gehe darum, dass die Schüler möglichst in ihrem eigenen Tempo lernen können, was ja nicht möglich sei, wenn innerhalb des Klassenverbands das Leistungspotenzial-Gefälle zu groß ist; dass die Schüler bereits früh auf ihren künftigen Berufsweg vorbereitet werden – es sei ja Unsinn, alle auf die Uni zu schicken (was ja richtig ist, wie bspw. das polnische Bildungssystem zeigt) etc. Doch implizit ist die Wahrnehmung doch meistens: wenn ich gut bin, komme ich aufs Gymnasium, wenn nicht, dann eben auf die Regelschule (dies ist die Perspektive von Schülern aus dem sog. Bildungsmilieu, in den „bildungsfernen“ Milieus kann die Wertung durchaus umgekehrt sein – in beiden Fällen gibt es aber eine Wertung). Nun, wenn das Ziel der Schule tatsächlich darin besteht, dass Menschen auf ihre Berufe vorbereitet werden, wenn es also primär um Leistung geht, dann mag diese Zweiteilung eine Daseinsberechtigung haben (allerdings wohl kaum bereits nach vier Jahren, dies ist allein aus entwicklungspädagogischer Sicht absurd). Dann fragt man sich aber, wieso in beiden Schultypen dennoch auf Allgemeinbildung gepocht wird. Wenn es doch um die berufliche Zukunft geht, braucht kaum jemand den Deutschunterricht jenseits der ersten paar Jahre. Oder Geschichte. Oder Ethik. Oder Mathematik. Oder Musik. Das Bestehen auf Allgemeinbildung bei gleichzeitiger Betonung des Leistungs- und Berufsvorbereitungsziels zeugt von Konfusion bezüglich dessen, worum es hier eigentlich geht.

Wie bereits oben erwähnt, geht es meiner Meinung nach primär um etwas Anderes: um die Erlangung der Kompetenzen zum mündiger-Bürger-sein. Natürlich, auch Leistung spielt eine Rolle, und eine gewisse Vorbereitung aufs Berufsleben sollte auch enthalten sein (allerdings kaum vor dem 15. Lebensjahr). Doch primär geht es um die künftigen Bürger, nicht um die künftigen Apotheker, Schlosser, Ergotherapeuten oder Geobotaniker (nicht ohne Grund gibt es Berufsbildung). Und vor diesem Hintergrund ist die Zweiteilung ein riesiger Fehler, denn sie perpetuiert die Ghettoisierung der Gesellschaft, die scharfe Einteilung in hermetische Milieus, die gerade nach Bildungsstand unterschieden werden. Wie sollen Kinder lernen, in einer pluralen, heterogenen Gesellschaft zu funktionieren, wenn sie bereits ab der 5. Klasse nur noch mit „Ihresgleichen“ zu tun haben? Wie soll diese „Gesellschaft“ später eine tatsächliche Gemeinschaft bilden, wenn wir uns bereits so früh auseinander entwickeln?

So weit erstmal ein paar Gedanken dazu, was aus meiner Sicht falsch ist und was, zumindest implizit, was besser gemacht werden könnte und sollte. Ein paar Elemente der Diagnose stehen also. Was ist mit der Therapie? Hier wird es bedeutend schwieriger. Denn die funktionierende, vielleicht auch utopische Gesellschaft mündiger Bürger, die mir vorschwebt, ist gleichwohl Voraussetzung der umfassenden Reformen, die nötig wären, um sie überhaupt erst herbeizuführen. Einzeltaten helfen hier nicht, zumal sie durch soziale Dilemmata oft verhindert werden. Es bedarf umfassender Reformen des Bildungssystems – für die allerdings auch ein Wandel in der Mentalität notwendig wäre. Die Abschaffung der frühen Einteilung in Gymnasien und sonstige Sekundarschulen bzw. die Abschaffung von Sonderschulen wären nämlich noch die einfachsten Maßnahmen, relativ betrachtet. Eine Abkehr vom Frontal-, hin zu einem reflexiven, diskursiven und über Fächergrenzen hinweg integrierten Unterricht wäre schon bedeutend schwieriger. Eine ganze Generation von Lehrern müsste entsprechend ausgebildet werden. Doch von wem? Von einer entsprechenden Generation von Hochschullehrern. Doch wer bildet diese aus? Wir kommen schnell in einen infiniten Regress. Dabei ist Ausbildung höchstens die halbe Miete: die Lehrer müssten eine neue Mentalität mitbringen, eine Motivation, die den neuen Lehrzielen gewachsen wäre. Denn Frontalunterricht ist einfacher – und dennoch scheitern viele Lehrer schon daran, bspw. weil sie nicht in der Lage sind, eine Autoritätsposition aufzubauen. Wo findet man denn die vielen neuen Lehrer, die wesentlich schwierigere Herausforderungen meistern müssten in Schulen, die das kritische Denken und nicht das Bestehen von Prüfungen fördern sollen? Gibt es genug Menschen, die die entsprechende pädagogische Intuition haben?

Das sind nur ein paar Probleme, ich habe bestimmt nicht an alles gedacht. Ich möchte an dieser Stelle davon absehen, meinem Pessimismus bezüglich der Umsetzbarkeit der Ideale, die mir vorschweben, Ausdruck zu verleihen. Stattdessen möchte ich zum Abschluss noch einen möglichen Einwand profilaktisch aus dem Weg räumen: nein, Waldorf-Schulen und sonstige reformpädagogische Einrichtungen sehe ich nicht als eine Lösung. Ich halte sie eher für einen Teil des Problems. Zum einen können sie nicht die Lösung sein, weil sie immer eine Nische bleiben werden. Es gibt sie schon so lange, und sie schafften es bisher nicht, ihr Nischendasein zu überwinden, so großartig manche Konzepte sein mögen. Es besteht also kein Grund zur Annahme, dass sie jemals ihre Nischen verlassen könnten. Zum anderen sind sie Teil des Problems, weil sie die Aufteilung der Gesellschaft in mehrere hermetisch voneinander getrennte Subgruppen perpetuieren – auf reformpädagogische Schulen werden nun mal fast ausschließlich Kinder aus ganz bestimmten sozialen Milieus geschickt. Damit bleiben sie in ihrer Entwicklung innerhalb dieser Milieus. Ich glaube nicht an revolutionäre Avantgarden, die uns aus unserer derzeitigen Misere herausführen könnten. Zumindest nicht solange diese potenziellen Avantgarden von dem Status einer kritischen Masse noch sehr weit entfernt sind. Also, nein, Reformpädagogik hin oder her, das Problem bleibt bestehen.

5 Gedanken zu “Wozu Schulen eigentlich da sein sollten

  1. Nur zwei kurze Anmerkung zu deinem skizzierten infiniten Regress:
    1. Ich denke gerade die reformpädagogische Nische, auf welche du selbst zum Schluss nochmal eingehst, zeigt, dass es diesem (mir ebenfalls verhassten) Schulsystem in seiner Gesamtheit nicht gelingt, die Vielfalt an kritischen Charakteren völlig zu zerstören. Dies ermöglicht eine gezielte Steuerung, welche Charaktere man zu Lehrer*innen ausbilden will und welche nicht. Die Zulassungsbeschränkungen zu einem Lehramtsstudium wären das adäquate Steuerungsinstrument dafür. Lasse ich nur diejenigen zu, welche erfolgreich diese Bildungskultur reproduzieren, oder geht es mir um Eignung, dann darf nicht die Abiturnote, sondern muss ein Eignungstest das Auswahlkriterium sein.
    2. Wer aber lehrt die Lehrer*innen? Und wer deren Lehrer*innen? Auch da würde ich es so einschätzen, dass die Pädagogikinstitute an den Hochschulen gut aufgestellt und auf dem neusten Stand der Wissenschaft sind (vor allem hier in Halle). Problem ist eher, dass der Pädagogikanteil am Lehramtsstudium im Vergleich zur Fachausbildung gering ist. Und selbst wenn man das ändern würde (was durchaus machbar ist), müssten die Lehrer*innen selbst gewollt sein, ihre Kenntnisse in der Praxis anzuwenden. Um letzteres sicherzustellen siehe 1.
    Ich halte also deinen pessimistischen infiniten Regress nicht für haltbar und plädiere daher eher für mehr Realismus und mehr politische Willenskraft!

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    • dann darf nicht die Abiturnote, sondern muss ein Eignungstest das Auswahlkriterium sein

      Da bin ich zu 100% auf deiner Seite. Und natürlich reproduziert das Schulsystem sich selbst, u. a. durch die Art von Zulassungsbeschränkungen zum Lehramtsstudium. Deine Behauptung bezüglich der Qualität der Pädagogikinstitute kann ich nicht beurteilen, wäre aber geneigt, dir diesbezüglich zu glauben. Dies löst aber zwei Probleme nicht: erstens, jemand in einer Machtposition müsste gewillt sein, das System zu ändern (z. B. durch die Einführung von Eignungstests und mehr Fokus auf pädagogische Ausbildung). Ich habe den Eindruck, dass dies zumindest zzt. nicht mehrheitsfähig wäre, weil zu viele in unserer Gesellschaft in der alten Leistungsdenke verharren. Aber hier geht es primär um Verschiebung in politischen Mehrheiten, das Problem ist also zumindest potenziell lösbar. Bei meinem zweiten Einwand sehe ich schon wesentlich mehr Grund zum Pessimismus (den ich, mit Verlaub, für Realismus halte;-): ich bezweifle, dass es genug Menschen gibt bzw. je geben wird, um solche Lehrer zu stellen, wie sie meiner Meinung nach nötig wären (siehe Text). Nichtsdestotrotz, um auf deine Forderung nach mehr politischer Willenskraft einzugehen: mein genereller Pessimismus und tendentielle Misanthropie bedeuten nicht, dass ich aufgegeben habe (dann würde ich mir nicht die Mühe machen, diesen Blog zu schreiben). Solange eine kleine Chance besteht, dass ein Wandel gelingen kann, halte ich es für einen Imperativ, es zumindest zu versuchen. Obwohl ich in dem konkreten Kontext nicht weiß, was ich groß tun sollte. Für Lehrer-Ausbildung ist es wohl zu spät und ich glaube auch nicht, dass ich dafür geeignet bin.

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      • Deinen ersten Einwand hast du bereits eigenhändig entkräftet: Es ist eine Frage des politischen Willens und nicht eines unveränderbaren, sich perpetuierenden Systems.
        Auch der zweite Einwand lässt sich entkräften, da es zugegeben etwas länger dauern dürfte, bis das alte Personal durch frisches Personal vollständig ersetzt ist. Doch wird diese politische Weichenstellung wiederum zu einem Perpetuieren des Prozesses führen: Mehr gute Lehrer*innen umso mehr selbstständig denkende Schüler*innen umso mehr potenzielle gute Lehrer*innen, usw…
        Ist nun diese Vorstellung von Bildung und die damit verbundenen politischen Weichenstellungen mehrheitsfähig? Kommt darauf an. Bildung ist Ländersache und in einigen Ländern gibt es durchaus parlamentarische Mehrheiten, die dafür offen wären. Diese gilt es auch auf der Straße und in den jeweiligen Parteien zu stärken. Mehr kann man nicht tun, aber es ist machbar.

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  2. Gegenrede:
    Die empirische Bildungsforschung zeigt, dass Frontalunterricht keinesfalls generell schlecht ist. Ob frontal oder diskursiv: es kommt auf die Qualiät des Unterrichts (und des Lehrers) an. Das hat Hattie (googeln!) ein für allemal nachgewiesen. Beispiele für exzellenten Frontalunterricht: Die Vorlesungen von Michael Sandel in youtube.
    Für den Bildungserfolg ist übrigens des Schulsystem fast wurst: es kommt auf die Leherr an (siehe oben).
    Zum Thema Fakten und Kompetenzen: das Schulsystem hat die Botschaft bereits umgesetzt, die Bildungspläne fordern den „kompetenzorientierter“ Unterricht. Mit fragwürdigem Ergebnis: Übertrieben gesagt: Man lernt Methoden, aber nichts, auf was man die Methoden anwenden könnte. Ohne Faktenwissen ist keine Orientierung in der Welt möglich – die zentrale Aufgabe von Allgemeinbildung. Und dass man sich die Fakten ja selbst aneignen könnte: ein frommer Wunsch.

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    • Gegenrede zur Gegenrede:
      1. Hattie habe ich gegoogelt. Zwei Erkenntnisse: erstens wurde die Qualität seiner berühmten Studie angefochten. Zweitens scheint er sich auf Leistungsparameter als Zielgrößen zu fokussieren.
      2. Womit wir bei Punkt 2 wären: Frontalunterricht durch gute Lehrer mag in Bezug auf Faktenwissen funktionieren (obwohl ich auch hier Zweifel habe, ob das generell so zutrifft; vielmehr denke ich, dass Frontalunterricht bei manchen Themen und Fachgebieten sinnvoll ist, bei anderen weniger), nicht jedoch auf andere Bildungsziele wie bspw. demokratische Kompetenzen (siehe Text oben).
      3. Das Schulsystem ist mitnichten wurst, es sei denn, man möchte hoffen, dass die guten Lehrer zufällig um die Ecke kommen. Das tun sie üblicherweise relativ selten, sodass bestimmte Auswahlmechanismen, Anreizsysteme und vor allem eine sinnvolle Lehrerausbildung und Schwerpunktsetzung bez. des Lehrstoffs institutionalisiert werden müssen.
      4. Dass Bildungspläne „kompetenzorientierten“ Unterricht fordern, heißt noch lange nicht, dass dies über pure Rhetorik hinausgeht. Außerdem scheinen wir verschiedene Arten von Kompetenzen im Sinne zu haben. Mir geht es primär um die Kompetenz des demokratischen Bürgers…
      5. …die übrigens ohne ein gewisses Allgemeinwissen nicht herbeizuführen ist. Ich fordere hier nicht die Aufgabe des Zieles der Vermittlung von Fakten-/Allgemeinwissen. Vielmehr fordere ich eine Umpriorisierung, etwa mit der Hierarchie: (i) demokratische und soziale Kompetenzen, (ii) Fähigkeiten, sich selbst wissen anzueignen (was eigentlich Teilkomponente von (i) ist), (iii) direkt vermitteltes Faktenwissen (hier aber wieder mit einer Schwerpunktverlagerung, weg vom Auswendiglernen, hin zum kritischen Verstehen).

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